Geschichte

Vor langer langer Zeit…

Nach dem ersten Krieg gegen die Sachsen im Jahr 772 erlässt Karl der Große ein Edikt, dass überall, wo es mindestens 120 Einwohner gibt, eine Gemeinde errichtet und eine Kirche oder eine Kapelle erbaut werden soll. Das trifft wahrscheinlich auch auf Werdohl (damals: Werthole) zu, weil schon um die Jahrhundertwende eine Kapelle am Lenneufer steht. Wo genau, lässt sich heute schwer bestimmen. Dafür lesen wir aus diesen Tatsachen, dass Werdohl schon in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts von Christen bewohnt wird. Demnach schauen wir in dieser Stadt auf mehr als 1250 der christlichen Tradition. 

Der 920. und 875. Geburtstag

Im Jahr 1059 gibt der Kölner Bischof Anno II. den Rittersitz Pungelscheid dem Kloster „Ad Mariae gradus“ („Maria zu den Stufen“), das zwischen dem Kölner Dom und dem Rhein noch bis 1817 stand. Die Mönche aus Köln sorgen dafür, dass in Werdohl eine Pfarrei gegründet und eine Pfarrkirche gebaut wird. So ist die erste Pfarrkirche, die den heiligen Kilian als Patron bekommt, schon vor genau 920 bezeugt. Später wird die Kilianskirche an Kloster Flechtort in Waldeck übergeben, das später dem Prior des im Jahr 1146 gegründeten Prämonstratenserklosters „Ad Maria virginem“ in Berentrop bei Neuenrade unterliegt. So verbinden die Winde der Geschichte Werdohler und Neuenrader Katholiken vor etwa 850 Jahren zum ersten Mal. Die Kirche in Berentrop wird 1616 von den Lutheranern übernommen, die Kilianskirche in Werdohl schon im Jahr 1573, als der damalige Pfarrer Laurentius von Ketteler seine Konfession änderte. Für fast 300 Jahre verschwindet das katholische Leben aus Werdohl. Nur die Klianskirche, die bis 1874 steht, erinnert an die bis ins frühe Mittelalter greifenden katholischen Wurzeln in Werdohl.

160 Jahre reif

Der Wiederaufbau der Pfarrei vereinte in der Mitte des 19. Jahrhunderts die wenigen Katholiken aus Werdohl und Neuenrade. Um das Jahr 1850 siedeln sich hier Handwerker aus dem Hessischen sowie aus dem benachbarten Kölnischem Sauerland. Alles beginnt wieder mit nur 8 jungen Männern, die im vollständig evangelischen Werdohl viel Mut und innere Überzeugung aufbringen müssen, um jeweils eine evangelische Partnerin katholisch zu heiraten und ihre Kinder katholisch zu taufen. Dafür müssen sie eine etwa dreistündige Reise zu einem der benachbarten Orte unternehmen, wo es noch alte katholische Gemeinde wie in Affeln gibt, oder schon neu entstandene katholische Gemeinden gibt, wie in Altena, Lüdenscheid oder Plettenberg. Erst im Jahre 1856 beginnt in Werdohl der Bau der Eisenbahn, die die schlechten Wegverhältnisse und mangelnde Fahrgelegenheiten verbessern konnte. Es wird noch Jahre dauern, bis der Fußweg zum Sonn- und Feiertagsgottesdienst nicht mit großen Opfern verbunden wird. Das Anliegen, die Kirche näher zu bringen, hat also außer den geistlichen auch ganz praktische Gründe. Um so mehr als für den Ausbau der Eisenbahnstrecke mit den hier nötigen Tunneln und Brücken immer mehr Katholiken hinzuziehen. 
Da sich zu der Zeit die Amtsverwaltung in dem benachbarten Neuenrade befindet, dazu auch die Apotheke und der Arzt, muss man sich öfters dorthin begeben. Es entsteht also die Idee, in Neuenrade – gemeinsam mit den wenigen dortigen Katholiken – eine katholische Missionsstation zu gründen. Für Werdohler würde das den sonntäglichen Gang zur Kirche um die Hälfte verkürzen. Ein gemeinsamer Ausschuss arbeitet planmäßig an der Möglichkeit, in Neuenrade oder Werdohl regelmäßig den sonn- und feiertäglichen Gottesdienst zu halten.
Mit einer für die damaligen Verhältnisse erstaunlichen Freundlichkeit begrüßt die evangelische Bevölkerung in Neuenrade die Idee der katholischen Schule und Seelsorgerstation, und sie trägt auch konkret dazu bei: Ein Drittel des Betrags, mit dem im Jahr 1859 die Umsetzung der Pläne begann, stammt von den Neuenrader Protestanten. 
Gemeinsam und mit großem Einsatz schaffen die jeweils kleinen Gruppen der Katholiken von Werdohl und Neuenrade, sowohl die Gebäude als auch die Strukturen zu schaffen. 1861 wird in Werdohl die Pfarrei gegründet, und ein Jahr später steht schon die eigene Kirche, die bald zu klein wird für die – auch durch die Migration aus anderen katholisch geprägten Ländern – schnell wachsende Gemeinde. Um die Jahrhundertwende wird schon an der neuen Kirche gebaut, die 1905 geweiht wird. 
Trotz der Weltkriege bleibt die Pfarrei großzügig und mutig. Sie bringt zwei neue Pfarreien hervor. In Eveking, wo es eine Kirche ab 1927 und eine Filialstation der Pfarrei ab 1935 gibt, entsteht die neue Pfarrei im Jahr 1960, und schon ein Jahr später wird die neue Pfarrei in Ütterlingsen gegründet. 
Im Jahr 2003 lassen sich die Franziskaner-Minoriten in der Pfarrei nieder, und nach einer Probezeit gründen sie offiziell im Jahr 2010 ein Kloster.

15 Jahre gemeinsam

Die gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland gehen an den Kirchengemeinden nicht spurlos vorbei und zeigen sich zu Beginn des neuen Jahrtausends in der Zusammenlegung der Pfarreien. Zunächst kommen die drei Werdohler Pfarreien zurück auf ihre gemeinsamen Wurzeln, und 2006 wird eine neue Pfarrei gegründet, die Werdohler und Neuenrader Katholiken unter dem Patronat des heiligen Erzengels Michael zusammenführt.