Genial Royal – “Feiner Zug”


Wenn jemand „alle Register zieht“, dann zeigt er alles, was er kann und was er drauf hat.
Diese Redewendung stammt aus dem Arbeitsumfeld eines Organisten, denn eine Orgel, bei der alle
Register gezogen sind, klingt mit sämtlichen Stimmen in prachtvollem Tutti.
Was aber ist ein Registerzug? Oftmals aufwändig aus edlem Holz gedrechselt, mit kunstvoll
geschriebenen Schildern auf Elfenbein versehen, sind die Registerzüge als griffige Handhaben in
Reichweite des Organisten neben den Manualen angebracht.
Als Register bezeichnet man eine Tonreihe von Orgelpfeifen gleicher Bauart und Klangfarbe. Die
Pfeifen eines Registers stehen nebeneinander angeordnet in vielen Reihen im Orgelgehäuse (oft der
Länge nach „…wie die Orgelpfeifen…“ platziert), wobei Pfeifen unterschiedlicher Register, die jedoch
dieselbe Tonhöhe haben, genau hintereinander auf einer „Tonkanzelle“ stehen, einem langen,
schmalen Holzkasten, in den der Spielwind durch Öffnen eines Ventils beim Herunterdrücken einer
Taste hineinströmt.
Nun kommt der Trick mit dem „feinen Zug“: Damit nicht sämtliche Register in ohrenbetäubender
Kakophonie gleichzeitig erklingen, ist bei nicht gezogenem Register den Pfeifen die Luftzufuhr durch
das sogenannte „Schleifenbrett“ versperrt, das unterhalb der Pfeifen angebracht ist. Zieht der
Organist ein Register, setzt er damit eine ausgeklügelte Mechanik aus Metallgestänge und
Holzleisten, Winkeln und Hebeln in Bewegung. Diese Registertraktur (von lat. „trahere“ = ziehen),
„schleift“ das Schleifenbrett ein Stückchen zur Seite, sodass die sich in ihm befindlichen Bohrungen
genau unter den Löchern der Pfeifenfüße positioniert werden. Nur so kann bei gedrückter Taste der
Spielwind die gewünschte Pfeife des gewählten Registers zum Klingen bringen, und dies alles ohne
eine hörbare Zeitverzögerung, ganz gleich, ob der Registerzug durch traditionell vollmechanische
Bauweise oder durch moderne Elektronik bewegt wird.
Ein wahrlich feiner Zug, oder?

Alle Beiträge